Hospizabend

mit Michael Strodt

Über den Trost und seinen Segen

"Die Kostbarkeit des christlichen Glaubens" (Tiemo Peters)

Wie der Segen, so ist auch der Trost nicht verfügbar. Und ich tue mich schwer, ihn zu begreifen. Die sogenannte Welt spendet ihn nicht. Aber die Religion als solche spendet ihn auch nicht. Auch die christliche nicht. Trösten kann der Glaube, der mich vor und mit Gott in der Endlichkeit leben lässt. Ganz sicher aber tröstet die Aufmerksamkeit, die wir für einander haben, dort wo wir einsam sind, verzweifelt, vielleicht tödlich erkrankt. Hier hilft nicht der Trost der wohlfeilen Worte und Überzeugungen - man denke an die Freunde Hiobs. Hier tröstet alleine ein Du, das mir nahe ist und die Zeit und Gefühle mit mir teilt. Und wo das geschieht, davon bin ich überzeugt, da ist Gott - der Gott allen Trostes. Egal, ob er, Gott, dabei ausdrücklich angerufen wird oder nicht, so hat Tiemo R. Peters einmal gesagt.

Zu seinem 80. Geburtstag hat er, zusammen mit namhafte Intellektuelle, Johann Baptist Metz, dem bedeutendsten deutschsprachigen Theologen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, ein Buch "Über den Trost" gewidmet. Dabei scheint Metz der Trost auf den ersten Blick gar nicht wichtig zu sein. Jedenfalls spricht er nur selten von ihm. Und wenn, nur in Andeutungen. Aber sieht man genauer hin, dann zeigt sich: Metz spricht kaum über den Trost, weil er ihn so ernst nimmt und ihn theologisch nicht zerreden will, so Peters. Der Trost hat mit Gott zu tun. Aber dieser Gottestrost wird heute in Zeiten der Gotteskrise immer unwahrscheinlicher. Statt Trost gibt es Vertröstungen, in Gesellschaft und Religion. Vertröstung ist Trost als Beschwichtigung, als Beruhigung und frommer Wunsch. Oder gar Betrug. Der wirkliche Trost ist der, der nicht betrügt, sondern befreit. Die Theologie von Metz besteht nicht zuletzt in der Suche nach diesem wahren Trost. Er ist überaus kostbar und rar, so Tiemo R. Peters.

Deshalb sprechen wir im Hospizverein und in der Trauerpastoral über den Trost, in Gruppen und Vereinen, Kirchen und Gemeinden, Schulen und Bildungshäusern. Und zwar authentisch, eindringlich und erfahrungsbezogen. Hier wird der Trost nahegebracht oder infrage gestellt, eingegrenzt oder ausgeschlossen, nirgendwo jedoch definiert, schon gar nicht als vorrätig oder verfügbar betrachtet. Aber gerade dort, wo wir ihn nicht beschwören, sondern nur umkreisen und eher aus der Ferne wahrnehmen – skeptisch oder aus Scheu, ist offenkundig, dass wir ihn schützen, und den Trost auf keinen Fall zerreden oder uns ausreden lassen wollen. Dieser Trost hat Teil an der Betrübnis, er verscheucht sie nicht. Er tritt leise hinzu. Trost kann Leid nicht beseitigen, nur lindern, sagt der Philosoph Christopf Türcke. Trost hat seinen Wirkraum im Bereich menschlicher Gefühle - nicht im Raum der Erkenntnis. Die emotionale Sachlichkeit von heute, genau wie die künstliche Emotionalität in den Massenmedien, bleibt grundsätzlich trostlos, sagt etwa der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann.

"Wenn ihr schon trösten wollt, dürft ihr nicht spitzfindig werden", hat Ernst Bloch uns einmal gesagt. Der Trost, der trösten können soll, muss also evident sein, er muss unmittelbar einleuchten. Er entzieht sich der umständlichen Begründung ebenso, wie der wortreichen Apologetik, nicht zuletzt darum, "weil Trost Suchen heißt", wie Franz Kafka einmal gesagt hat, weil Trost Suchen heißt und ein altes biblisches Versprechen enthält: "Wer sucht, der findet." Dann aber ist der Schritt aus Trauer in Trost nicht mehr der größte, sondern der kleinste, wie Theodor W. Adorno einmal gesagt hat. Denn Trauer ist ja kein Schwächeanfall der Hoffnung, es sei denn, man missversteht die Hoffnung als eine Spielart von pausbäckigem Optimismus. Optimismus aber ist keine biblische Kategorie, sondern Mangel an Information. Und Hoffnung ist etwas ganz anderes als Optimismus, weil Hoffnung mit Angst zu tun hat und ohne Angst, ohne Verzweiflung gar nicht denkbar ist. Vermutlich wird ein Mensch, der niemals in seinem Leben Verzweiflung erfahren hat, überhaupt nicht hoffen können. Das Gegenteil von Hoffnung ist also nicht Verzweiflung, sondern Optimismus. Und Trauer ist Hoffnung im Widerstand. Und darum kann ja auch Jesus diese Trauer mit dem Segen verbinden – dem Segen als der biblischen Übersetzung für Glück – und sagen: "Selig die Trauernden"! Selig die Trauernden – "denn sie werden getröstet werden", heißt bekanntlich der Nachsatz.


Termin : Dienstag, den 28. Juni 2016 um 19:30 Uhr
Ort :
im Konferenzraum des Hümmling Krankenhaus in Sögel
Referent :
Michael Strodt (Theologe und Pädagogen, Pastoralreferent und Trauerbegleiter)
Anmeldung :
bei Michael Strodt (Tel. 05952 / 209 25 42)
Literatur :
Tiemo R. Peters / Claus Urban (Hg.) Über den Trost - Für Johann Baptist Metz

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